Kennen Sie noch die olivgrünen Schreibmaschinen von Olivetti? Wie alle anderen Produkte dieser 1908 gegründeten Firma waren sie nicht nur technisch auf dem neuesten Stand. Sie sind auch Meisterwerke des Industriedesigns.

Die Verbindung von unternehmerischem Erfolg, sozialem Fortschritt und künstlerisch-ästhetischem Weitblick zeichnet Olivetti aus. Mitarbeiter:innen identifizierten sich gerne mit ihrem Unternehmen, das sie schon 1920 im Krankheitsfall nicht alleine liess, Kinderbetreuung anbot und kulturelle Weiterbildung. Designmuseen präsentierten die Geräte wegen ihrer gestalterischen Qualität. Sogar die documenta III zeigte Olivetti-Maschinen. Kein Wunder, dass dieses Unternehmen die bedeutendsten Denker:innen ihrer Zeit anzog. Mit ihnen gemeinsam gründete Adriano Olivetti 1946 ein Kunst- und Literaturmagazin.

„Corporate Art“ verband sich früh mit „Corporate Architecture“. Für die jeweiligen Niederlassungen wurden die herausragendsten Architekten betreut. Das ursprüngliche Fabrik- und Wohnensemble in Ivrea ist mittlerweile UNESCO-Weltkulturerbe.

Ein besonderes Schmuckstück gelang Olivetti mit dem bedeutenden italienischen Architekten Carlo Scarpa in Venedig. 1959 hatte er einen Teil des Palazzos direkt am Markusplatz entdeckt. Nach den Prinzipien einer organischen Architektur schuf Scarpa mehrere Ebenen, die den schmalen Raum wunderbar gliedern. Jedes Detail ist liebevoll durchdacht und gestaltet. Die verschiedenfarbigen Bodenbeläge gliedern die einzelnen Bereiche. Edle Holzgitter vor den Fenstern halten zu starke Sonneneinstrahlung draussen und geben ein zauberhaft warmes Licht nach innen ab. Treppen und Deckeneinzüge ermöglichen immer neue Raumeindrücke.

Für mich ein besonderer Glücksfall. Ist es doch genau diese Verbindung von Kunst und Architektur, die mich bei all meinen Projekten in Unternehmen antreibt. Wie ermutigend, wenn sich unternehmerische Weitsicht (nach den Schreibmaschinen folgte der Einstieg in die Computerwelt und schliesslich Telekommunikation) mit sozialem Engagement und Kunstverständnis verbindet. Gerade in diesen Zeiten, in denen manche meinen, Einsparungen bei fundamentalen Werten vornehmen zu können. Da braucht es solche Vorbilder, die den Faschismus ebenso überlebten wie die Umbrüche auf dem Markt.

Mit zuversichtlichen Grüssen
Ihre Eva Mueller

 

Abb: Skulptur von Anthony Gormley im Showroom von Olivetti Venedig, Architektur von Carlo Scarpa

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