Kleine Stilkunde

Begehrt wie kaum ein anderes Material ist das Gold. Mit seinem hohen spirituellen und finanziellen Wert führt es die einen zu höchster Kunst, Erleuchtung, Macht und Reichtum, die anderen zu Völkermord und unsäglichen Arbeitsbedingungen.

Wie kann ein Mineral so widersprüchliches bewirken? Unwiderstehlicher Glanz zeichnet es aus, gleich der Sonne. Weil es nicht korrodiert, verkörpert es Unvergänglichkeit. Das passt als Symbol sowohl zu den verschiedensten Religionen als auch zum erhofften, unangreifbaren Machterhalt auf der politischen Bühne.

Das wertvolle und teure Material zog natürlich auch Künstler:innen – und ihre Kundschaft an. Als Grundierung auf dem Holz aufgetragen, liess es in der Tafelmalerei die Farben intensiver leuchten. Berühmte Beispiele finden sich in der Ikonenmalerei. Aber auch bei profaneren Motiven wie landschaftlichen Szenen sorgte der goldene Ton für mehr Leuchtkraft und simulierte auf unnachahmliche Weise den Lichteinfall. Dabei konnte es schon mal vorkommen, dass der Kunst mehr Goldpulver für sein Gemälde geliefert hatte, als der Künstler schlussendlich im Bild verwendete.

Gold in der Kunst

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts spielte Gold in der Kunst der Moderne eine grosse Rolle. Sicher kennen Sie etliche Jugendstilmotive und ganz speziell die Werke von Gustav Klimt. Als Portraitmaler der damaligen High Society verwendete er häufig Gold. Nicht umsonst wurde sein Gemälde von Adele Blocher-Bauer als „Goldene Adele“ bezeichnet. Auf seiner Italienreise zu Beginn des letzten Jahrhunderts hatten ihn die wunderbaren Mosaiken und Ikonen begeistert. Genau so baute er auch seine Gemälde auf, die er wie ein Mosaik aus vielen leuchtenden Goldtönen zusammensetzte.

In der zeitgenössischen Kunst wird Gold als Material eher wenig verwendet. Manche Kunstschaffende versuchen damit ihre Arbeiten aufzuwerten, weil es halt so schön glänzt und einige dann doch davon überwältigt werden – selbst wenn das Werk insgesamt diesem Eindruck nicht Stand hält.

Nachdem der Goldrausch seit Jahrhunderten indigenen Bevölkerungsgruppen Grund und Boden raubt, beim Abbau mit Chemikalien Wasser, Luft und Erde verunreinigt, braucht es dringend Alternativen. Quecksilberfreier Kleinbergbau, der die Menschenrechte der Minenarbeiter:innen beachtet, eine Lösung. Ob in der Kunst oder zur Geldanlage, Öko-Gold und Recycling-Gold sind das Gebot der Stunde.

Ich wünsche Ihnen golden-sonnige Frühlingstage, herzlich Ihre Eva Mueller

Abb.: „Adele Bloch-Bauer“ von Gustav Klimt, Öl, Silber und Gold auf Leinwand, 138 x 138 cm, Neue Galerie New York

Als die kulturell engagierte, jüdische Familie von Adele Bloch-Bauer zur Machtergreifung der Nationalsozialisten enteignet wurde, fiel nach der Flucht auch ihre Kunstsammlung in diese räuberischen Hände. Mit dem Kriegsende folgten unsäglichen Prozesse und Hinhaltetaktiken, leider immer noch häufig bei Rückforderungen. Erst 2005 gelang es der Erbin Maria Altmann mit einer Klage im Rahmen des Washingtoner Abkommens für Entschädigung und Restitution einige Bilder aus dem Nachlass zu erhalten. Seit 2006 ist es in der von Ronald S. Lauder mit gegründeten Neuen Galerie in New York öffentlich zugänglich, nachdem er das Porträit von Adele Bloch-Bauer zu einem Rekordpreis erworben hatte.

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