Guten Tag,

„der Mensch ist des Menschen Wolf“. Und sowieso ist unsere Spezies „im Grunde schlecht und böse“. Diese Annahme versuchen unterschiedlichste Studien seit Jahrzehnten zu untermauern. Die meisten Untersuchungen dazu kenne ich noch aus meinen Psychologievorlesungen. Und natürlich glaubte ich sie. Waren sie doch weltweit immer wieder zitiert. In jedem Standardwerk erwähnt.

Die Lektüre von Rutger Bregmans aktuellem Bestseller: „Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit“ revolutioniert diese Einschätzung gründlich. Er schaut weit zurück in die Geschichte und hinter die Kulissen. Die oben erwähnten, bisher so glaubwürdigen Tests, waren in höchstem Grade von ihren Forschern manipuliert. Genau das Gegenteil stimmt. Der Mensch ist im Grunde gut.

Da wären die 6 Jungs, die 1977 im realen Leben in einem kleinen Boot, nach 8 Tagen ohne Essen und Wasser schliesslich  auf der pazifisch-polynesischen Insel Ata strandeten und ganz anders reagieren, als es der Autor William Golding in „Herr der Fliegen“ millionenfach in die Welt setzte. Sie waren absolut kooperativ und fanden hervorragende Konfliktlösungsstrategien in ihrer monatelangen Isolation.

Oder das extreme Beispiel der Soldaten im ersten Weltkrieg 1914 an der französischen Front. Weihnachtsbäume und Lichter tauchten hinter den Schützengräben auf. Man hörte die altbekannten Lieder. Stimmte über die Grenzen gemeinsam an. Und plötzlich kamen Briten, Franzosen und Deutsche aus ihren Stellungen und feierten miteinander. Ganz gegen die Anweisungen der jeweiligen Generalität, die Mühe hatte, dafür zu sorgen, dass der Kampf nach ein paar Tagen weiterging – und sich die Friedensaktion 1915 auf keinen Fall wiederholen konnte.

Die Erfolge norwegischer Gefängnisinseln, in der sich alle frei bewegen dürfen, selbst kochen, anständige Zimmer haben, die Aufseher keine Waffen tragen, sprechen ebenfalls für sich. Man argumentiert ganz rational, dass die Leute in Zukunft jemandes „Nachbar“ werden. Dafür sind sie an diesem Ort vorbereitet.

Klar, werden Sie sagen. Aber es gibt immer wieder Kriege. Und es gab Ausschwitz. Ja. Das Problem mit der Freundlichkeit: Sie kann nationalistisch, rassistisch, religiös ideologisiert werden. Wenn wir keinen direkten Kontakt zu denen haben, die uns als schreckliche, minderwertige, gefährliche Gruppe vorgestellt werden. Dann beziehen wir unser Mitgefühl nur auf die eigene Community.

Gerade erfahren wir eine Zeit, in der das Gute auf ganz vielen Ebenen sichtbar wird. Die Nachrichten handeln von vielfältiger Hilfe und Unterstützung. Und weniger von Greueltaten, die stets nur einen geringen Anteil am Weltgeschehen ausmachen aber so schön spektakulär zu schildern sind.

Was lernen wir daraus? Kontakt mit möglichst vielen unterschiedlichen Menschen aufzunehmen und zu pflegen. Alles zu nutzen, was uns die Welt in ihrer Vielschichtigkeit aufzeigt (wozu Kunst und Kultur einen immensen Beitrag leisten). Und vor allem Realist/in zu sein: Im Zweifelsfall vom Guten ausgehen. Ein paar Enttäuschungen zu erleben ist viel harmloser denn sein ganzes Leben als Misanthrop/in herumzulaufen, der oder die von falschen Voraussetzungen ausgeht.

Mit herzlichem Gruss
Ihre Eva Mueller

 

„Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit von Rutger Bregman ist im Rowohlt Verlag erschienen.

NO FEAR!
Igor Levit veranstaltet in dieser Zeit legendäre Hauskonzerte. Auf Einladung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier kam er einen dieser Abende ins Schloss Bellevue und spielte Ludwig van Beethovens Waldstein Sonate op. 3. Einfach grossartig!
https://www.youtube.com/watch?v=lC8DBTfJI90

Wie alle Hauskonzerte mit seinen klugen Erklärungen zu unterschiedlichsten Musikstücken, die man auf Twitter live aus seinem Wohnzimmer – oder auch später anhören kann:
https://twitter.com/igorpianist

 

Abb.: Abb: „„Imagine Peace I“ von Gloria Gans, 130×230 cm, Acryl, Öl, Jute, 2005/2015

Gloria Gans ist eine Künstlerin, der es mit ihrer einfühlsamen und sozial engagierten Malerei immer wieder gelingt, uns Menschen der unterschiedlichsten Bereiche nahe zu bringen. So ehrt sie mit ihrer Malerei schon lange die Alltagsheld/innen unserer, Zeit, Müllmänner, Putzfrauen, Migranten, die wir sonst kaum mit dieser Beschreibung anerkennen. Wer immer es sei, in ihren Portraits von Nachbar/innen, Freund/innen, Auftraggeber/innen, Migrant/innen oder Familienmitgliedern werden alle schön und vertraut, Mitmenschen eben.

Ganz begeistert hat mir Gloria Gans erzählt, wie sie gerade die Zeit im Atelier nutzt, alte Arbeiten hervorholt, mit neuen Techniken, kombiniert, digitale Shots entdeckt. Eben auch: Die momentane Situation in etwas Gutes verwandelt!

 

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