Ich kann mich noch gut erinnern, wie gebannt ich 1997 bei der documenta 10 vor dem Film von William Kentridge sass und mich nicht mehr von der Stelle bewegen wollte. Der südafrikanische Künstler hatte seinen Zeichentrickfilm „Felix in Exile“ kurz nach dem Ende der Apartheid in Südafrika – und kurz vor den ersten Wahlen 1994 geschaffen.
Eine ganz neue Form des Zeichentrickfilms
Ästhetisch und handwerklich hochpräzise zeigt Kentridge seine Animationen in schwarz weiss. Ungefähr eine Woche sitzt er an den dafür benötigten Kohlezeichnungen und Papiercollagen – für ungefähr vierzig Sekunden Film. Häufig untermalt von klassischen Musikwerken. Inhaltlich bringt er aktuelle Ereignisse auf den Punkt. Die Situation der Menschen während der Apartheid, des Holocausts, auf der Flucht.
Dabei vermeidet er plumpe politische Statements. Vielmehr gelingt es ihm differenzierte, emotional aufgeladene Szenerien zu schaffen, die ein vielschichtiges Bild historischer Ereignisse eröffnen. Wie die Protagonisten in seinen Filmen auf rätselhafte Weise Ungerechtigkeit, Schuld und Hoffnung durchleben, die Geschichte durchwandern, der fragilen Situation des Menschseins ausgeliefert sind, berührt zutiefst.

Zum 70. Geburtstag ehren die Staatlichen Kunstsammlungen William Kentridge in Kooperation mit dem Museum Folkwang in Essen mit einem Ausstellungsfestival in drei Häusern. Im Albertinum stellt Kentridge der Machtdemonstration des historischen Fürstenzugs seine Prozession gegenüber. Auf seiner Seite sieht man diejenigen, die dieser Willkür ausgeliefert waren und sind.
Im Kupferstichkabinett lässt sich das umfangreiche druckgrafische Werk des Künstlers entdecken. Während man im Studiolo den aufwändigen Herstellungsprozess der animierten Kohlezeichnungen nachvollziehen kann. Die bewegten Bilder übersetzt Kentridge seit vielen Jahren auch in Puppentheateraufführungen. Eine Auswahl zeigt das Team des „Centre for Less Good Idea“ in der Puppentheatersammlung Dresden.
Unbedingt ansehen!
Mit herzlichem Gruss, Ihre Eva Mueller

Abb. oben: „More Sweetly Play Than“
8-Kanal-Filminstallation, vier Megafone mit Lautsprechern, 15 min (in dieser Ausstellung als 7-Kanal-Version präsentiert)
Courtesy Kentridge Studio © William Kentridge
Abb. unten: Ausstellungsansicht „William Kentridge – Listen to the Echo“ – Albertinum Dresden© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Oliver Killig