Garten Eden
Kleine Stilkunde japanischer Holzschnitt

Wissen Sie, welches die zwei berühmtesten und bekanntesten Kunstwerke weltweit sind? Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci und ein japanischer Holzschnitt „Die grosse Welle vor Kanagawa“ von Katsushika Hokusai. Beide haben sich tief ins kollektive Kunstgedächtnis eingebrannt.

Wie in den Werkstätten des Mittelalters waren unterschiedliche Experten bei der Herstellung von japanischen Farbholzschnitten beteiligt. Der Entwurf stammte immer von Künstlern, meistens als Auftragsarbeit eines Verlegers, der die Kosten für Material und Druck übernahm und für den Verkauf sorgte. Die Reinzeichnungen erhielten Holzschneider. Wie in unseren mittelalterlichen Kunstwerkstätten waren auch hier einige für die grossen Formen, andere für feine Linien, Gesichter, Hände zuständig. Für jede Farbe muss im Holzschnitt eine eigene Platte erstellt werden, wie von den Künstlern vorgegeben. Ein höchst aufwändiges und technisch anspruchsvolles Verfahren. Aufgabe der Drucker war es, diese vielen Holzplatten millimetergenau übereinander zu legen.

Besonders berühmt waren die Kunstwerke aus der Stadt Edo, heute Tokio. Ihr Name prägte eine Zeit, in der sich Japan allen äusseren Einflüssen versperrte. Nach inneren Unruhen und der erzwungenen Öffnung durch die USA, wurden japanische Farbholzschnitte Ende des 19. Jahrhunderts in Europa bekannt.

Nicht nur die französischen Impressionisten waren hingerissen. Sie trafen auf eine tiefe, unbewusste Sehnsucht: Nach Natur. Stille. Schönheit. Anmut. Achtsamkeit. Wahrnehmung des Moments. Mit dem Wissen, dass sich alles wandelt: „Ukiyo-e“ – Bilder der fliessenden Welt. Ein Lichtblick im Kontext der Umbrüche des 20. und 21.Jahrhunderts.

Wer heute solche Werke sehen will, hat großes Glück: Die Graphische Sammlung München erhielt 242 Blätter von Professor Bergmann, darunter Holzschnitte der Künstler Hokussai und Hiroshige. Sie bilden die Basis der aktuellen Ausstellung in der Pinakothek der Moderne, die der zeitgenössische Künstler Yoshihiro Suda mit eigenen, delikaten Werken und grossen Meistern der klassischen Moderne in einen staunenswerten Zusammenhang stellt.

Sehenswert und beglückend. Eben ein kleiner Garten Eden!

Frohe Sonntagsgrüsse, Ihre Eva Mueller

Japanischer Holzschnitt

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