WER ENTSCHEIDET EIGENTLICH ÜBER KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM?

Vielleicht haben Sie sich schon manchmal gefragt, wenn Sie Kunst im öffentlichen Raum entdeckten: Wer entscheidet da eigentlich?

Früher konkurrierten Kaiser, Päpste, Könige und Adelshöfe um die besten und angesagtesten Künstler*innen ihrer Zeit. Später setzten reiche Bürger*innen ästhetische Massstäbe und traten nun selbst als Mäzene ins Rampenlicht. Nach dem ersten Weltkrieg entwickelte der Reichswirtschaftsverband der bildenden Künstler die ersten Kunst am Bau Regeln. Mindestens 1% der Bausumme sollte das Budget bei öffentlichen Gebäuden dafür betragen.

Seit 2006 gibt es einen Leitfaden „Kunst am Bau“ des BMVBS (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung). Allerdings ist das eine Empfehlung – und hängt davon ab, ob sich die unterschiedlichen Regionen und Kommunen diesem Leitfaden anschliessen.

Ich habe es auch schon erlebt, dass sich ein Gemeinderat beleidigt gegen dieses Verfahren wehrte. Schliesslich könnten die Stadträte doch selbst entscheiden was gute Kunst ist!?! So kommt dann auch manches zustande, über das man sich sehr wundern muss.

Doch alle Institutionen, die öffentliche Gelder erhalten, müssen sich an diesen Leitfaden des BMVBS halten. Eine sehr sinnvolle Massnahme. Ein anspruchsvolles Prozedere, das ich schon viele Male als Wettbewerbsbetreuerin organisiert und begleitet habe. Ganz wichtig: Alles läuft anonym ab! Kein Gemauschel. Kein hunderttausendster Brunnen des gleichen Künstlers in allen Dörfern rund um die Kommune.

Ich empfehle stets den begrenzt offenen Wettbewerb nach einer klaren Kriterienliste, die alle speziellen Parameter am speziellen Ort erfasst. Für die Auswahl am Münchner Flughafen hatte ich mir 200 Künstler*innen angesehen – und davon 7 ausgewählt, die eingeladen wurden, einen Entwurf zu gestalten. Für das aktuelle Projekt nominierten 3 Kunstexpert*innen 37 Künstler*innen, nach intensiver Diskussion wählten wir davon ebenfalls 7 Künstler*innen, Männer und Frauen, jung und erfahren, die mit unterschiedlichen Medien wie Skulptur, Schrift, Licht, Objektkunst arbeiten. Für die Künstler*innen ist es eine Menge Arbeit, vorab sowohl einen interessanten Entwurf abzuliefern als auch alle Eventualitäten und Kosten über den gesamten Bauverlauf richtig einzuschätzen.

Dann entscheidet das Preisgericht. Es setzt sich immer aus den Vertreter*innen des Bauherrn – und Fachjuror*innen, z.B. aus Museen oder Kunstverbänden der jeweiligen Region zusammen, die ich ebenfalls paritätisch einlade. Sie sind mit einer Stimme mehr im Gremium vertreten, damit das Fachurteil überwiegt.

So entstehen sachlich fundierte Diskussionen. Alle bringen ihre Eindrücke und Wertungen ein. Eine gute Vorgehensweise – mit guten Ergebnissen im Sinne der Allgemeinheit, weil durch die Zusammensetzung des Gremius möglichst viele Aspekte berücksichtigt werden.

Diese Woche gilt meine Freude der Juryentscheidung in Finsterwalde. Weil hier Architekten wie das Büro Habermann mit ihrer Gestaltung des Geländes so herausragende Voraussetzungen bieten. Und sich ein engagierter Bürgermeister, wie Herr Gampe mit seinem kompetenten Bauteam unter der Leitung von Frau Schüler,  für die Kunst im öffentlichen Bereich der Stadthalle Finsterwalde einsetzen.

Mit frohen Sonntagsgrüssen
Ihre Eva Mueller

 

Abb.: „Bronzefigur“ Entwurf Isabel Kerkermeier
Passend zum denkmalgeschützten Geländer einer ehemaligen Textilfabrik in Finsterwalde, schuf die Künstlerin Isabel Kerkermeier eine Bronzefigur. Sie stellt eine abstrahierte Spindel dar, unten sind die Fäden noch fest gewickelt, oben greifen sie aus in den Raum.

Ein Symbol dafür, dass mit der Durchwebung der einzelnen Fäden etwas neues, gemeinschaftliches entsteht, ein Gewebe. Ein schönes Zeichen für die Transformation der Textilfabrik in die „Kulturweberei“, eine Stadthalle für unterschiedlichste Veranstaltungen.

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