Die Traumpfade der Emily Kam Kngwarray
Kleine Stilkunde zur Kunst der Aborigines

Sie gehört zu den herausragendsten Künstlerinnen der Aborigines. 1914 geboren, stand sie an der Spitze einer künstlerischen Revolution. Ihre Vorfahr:innen hatten traditionell in Fels und Holz geritzt und für besondere Zeremonien ihre Körper kunstvoll bemalt. Sie aber begann mit Batik, Wasserfarben und Acryl zu experimentieren und ihre Kunst unabhängig von spirituellen Praktiken zu entwickeln. Damit wurde bald die internationale Kunstszene auf Emily Kam Kngwarray aufmerksam, auch im Zuge der versuchten Aufarbeitung kolonialer Verbrechen. Und der Infragestellung westlicher Normen für die zeitgenössische Kunst.

Aborigines

Wie alle indigenen Völker sind die Aborigines tief mit ihrem Land verbunden. Der Himmel, der Boden, die Gewässer gehören allen gemeinsam. Die Verantwortung für den Erhalt des Ökosystems in dem man lebt, für Pflanzen und Tiere, mit denen man das Land teilt, ist tief verankert.

Emily Kam Kngwarray

Als junges Mädchen musste Emily erleben, wie die weissen Siedler sich das Land nahmen. Weder Grundbucheinträge noch Besitzurkunden konnten sie davor schützen, es war ja alles Gemeinschaftseigentum. Kein Wunder, dass Kngwarray die Eindringlinge für arrenty (Teufel, Monster) hielt. Und in gewissen Sinne waren sie das ja auch für ihr Volk.

Aborigines

In ihren Bildern teilt die Künstlerin mit uns grundlegendes Wissen über soziale, kulturelle und spirituelle Traditionen. Ein starker Bezug besteht zu den Traumpfaden der Ahnen, Pflanzen, Tieren, Feuer, Wind und Regen, die das Land und die Ernährung prägen. Emilys Name Kam steht für Samen und Samenkapsel der Bleistift-Yamswurzel. So finden diese häufig Eingang in ihre Bildsprache, ebenso wie Ankerr (Emus).

Tate Modern

Für ihre Ausstellung arbeitete die Tate Modern eng mit dem Utopia Art Centre, Northern Territory, der National Gallery of Australia sowie Kngwarrays Nachkommen zusammen. Die traditionellen Körperbemalungen und ihr Zusammenhang mit den Gemälden von Emily Kam Kngwarray werden in den Filmen besonders anschaulich.

So vermittelt sich ein bewegender Eindruck von der Kunst und Kultur der Aborigines und dem grossartigen Schaffen dieser Künstlerin.

Mit begeisterten Grüssen
Ihre Eva Mueller

Abb.: oben: Emily Kam Kngwarray

unten: „Ntang Dreaming“, 1989, Acrylfarbe auf Leinwand
„Ntang ist ein Wort aus der Sprache der Anmatyerr und bedeutet „Samen“.

Hier bezieht es sich auf die essbaren Samen des Alyatywereng (Woolybutt-Gras). In diesem Gemälde stellt Kngwarray ihr Motiv mit Schichten aus gelben, schwarzen, roten und weißen Punkten dar. Die Anmatyerr mahlen die winzigen, rötlichen Samen, um Samenkuchen herzustellen. Obwohl es in den Ökosystemen des Alhalker-Landes viele essbare Samen gibt, gilt das Wollbuttgras als dort beheimatet – es ist eines der Traumzeitenmotive aus Alhalker. Die Pflanze ist in vielen Kunstwerken von Kngwarray zu sehen, darunter auch in mehreren ihrer frühen Batikarbeiten.“

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